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Gesucht: Die ideale Fertigung mit Thermoplasten
Kongressmesse ITHEC rückt Verfahren und Materialien in den Fokus
Macht der Leichtbau für die Elektromobilität nicht viel Sinn? Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Essen hatte Anfang 2018 mit dieser Einschätzung für viele Schlagzeilen gesorgt – weil Gewicht wegen der Rückgewinnung von Energie beim Bremsen bei E-Autos keine große Rolle spiele. Andere Fachleute sehen das differenzierter und bemerken zum Beispiel, dass mehr Gewicht dennoch mehr Stromverbrauch bedeutet. Darum spielen neuartige Materialien und Fertigungsverfahren auch bei der Kongressmesse ITHEC 2018 für thermoplastische Composites in Bremen mit Blick auf die E-Mobilität eine Rolle – und auf viele andere Anwendungsgebiete.
Zu der alle zwei Jahre ausgerichteten Veranstaltung werden am Dienstag und Mittwoch, 30. und 31. Oktober, 300 Spezialisten aus Industrie und Forschung erwartet. Das Programm in der Messe Bremen und im Congress Centrum Bremen umfasst neben drei Keynotes je zwei Sessions zum Automotive-Sektor, zu Luft- und Raumfahrt und neuen Technologien. Hinzu kommt eine Poster-Session mit 20 Beiträgen. Den Kongress begleitet eine Fachausstellung.
„Im Vordergrund der Veranstaltung stehen aber weniger konkrete Anwendungen“, sagt der Organisator bei der Messe Bremen, Dr. Hubert Borgmann. „Zu den großen Schwerpunkten gehören vielmehr Produktionsprozesse und ihre Optimierung.“ So hat sich eine Gruppe von wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen unter Führung der Audi AG mit der wirtschaftlichen Serienfertigung einer Multi-Material Karosserie für E-Autos beschäftigt. Dafür wurde unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie (ICT) der Langfaserthermoplast- (LFT-) Fließpressprozess für die großflächige Kombination mit endlosfaserverstärkten Thermoplastbändern (UD-Tapes) weiterentwickelt.
Mithilfe von neuen Simulationsansätzen entwickelten die Beteiligten ein hoch funktions-integriertes Unterbodenmodul und sicherten die Herstellung simulativ ab. Bereits während der Herstellung des faserverstärkten Thermoplastbauteils werden metallische Profile und Elemente integriert. Zudem wird die dünnwandige Endlosfaserstruktur nur lokal mit LFT überpresst, um das Beulen bei hohen Belastungen zu unterbinden und die Hauptlastpfade gezielt zu verstärken. „Dieser neu entwickelte Prozess ermöglicht eine signifikante Gewichtseinsparung im Vergleich zum Stand der Technik“, berichtet der zuständige Projektleiter Dr. Sebastian Baumgärtner.“
Auf die Luft- und Raumfahrt zielt einer der Marktführer der Branche: TenCate Advanced Composites entwickelt seit Jahrzehnten Hochleistungs-Verbundwerkstoffe auf Thermoplast-basis etwa für Flugzeugstrukturen. Auf der ITHEC stellt das niederländische Unternehmen verschiedene Wege vor, mittels UD-Tape aus PolyArylEtherKetone (PAEK) kleinere, aber auch dicke und große Komponenten zu produzieren und konsolidieren.
Bei letztgenannten Bauteilen wie die als Beispiel gewählte Triebwerkaufhängung ist aktuell das Tapelegen mit anschließender Konsolidierung im Autoklaven das Verfahren der Wahl. Für dünnere und schmalere Komponenten haben sich die ohne Autoklaven auskommende Ofen-Härtung im Vakuum-Sack (Out-of-Autoclave, OoA) als das noch kostengünstigere Verfahren erwiesen, so Hans Luinge, Direktor für Forschung und Produktentwicklung von thermoplastischen Verbundwerkstoffen. Für Untersuchungen wurden Laminate mittels maschinellen Tapelegens gefertigt. Moderate Geschwindigkeit ergab eine gute Konsolidierung, eine höhere Geschwindigkeit führte hingegen zu höherer Porosität. Der OoA-Prozess eliminierte das Problem aber.
Aber kann diese Form der Fertigung auch für große und schwere Bauteile der beste Weg sein? Die Zukunft werde zeigen, ob integriertes Tapelegen und Konsolidierung (In-situ-Fertigung), maschinelles Tapelegen mit anschließender Bearbeitung im Autoklaven oder OoA am effektivsten ist, so Luinge. In jedem Fall aber „zeichnet sich der Zeitpunkt ab, zu dem thermoplastische Verbundwerkstoffe und Verarbeitungsmethoden einen gemeinsamen Punkt erreichen, an dem Automation und Produktion im industriellen Maßstab machbar werden.“
Die ITHEC war 2012 die weltweit erste Tagung mit begleitender Fachmesse auf ihrem Sektor. Für die Ausrichtung kooperiert die Messe Bremen mit dem Faserinstitut Bremen e.V. an der Universität Bremen. Der Kongress findet alle zwei Jahre statt.
Weitere Informationen: www.ithec.de
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